Vorbemerkung
Vielleicht mag es Leserinnen oder Leser geben, die über diesen Artikel von mir irritiert sein werden. Ich halte ihn aber in Anbetracht der derzeitigen Situation der Corona-Krise für angebracht und notwendig.
Sexualität als Primärbedürfnis
Sexualität ist ein starkes Bedürfnis, ein primärer Verstärker, für den viele Menschen bereit sind, hohe Risiken, Anstrengungen und Kosten in Kauf zu nehmen. Weder “kirchliche Moral” noch “Sittenpolizei” konnten daran in der Vergagenheit etwas ändern und auch in Zeiten von Krankheitsgefahren kann das Bedürfnis nach Sexualität für viele dennoch dominierend sein.
Wie wichtig Sexualität für den Einzelnen ist, das beweisen u.A. die Milliardenumsätze im Erotik-Markt, die florierenden Erotik-Chat-Kanäle, das in Kaufnehmen öffentlicher Blamage durch Prominente, die solche Chats nutzen, sowie die enorme Häufigkeit, mit der Menschen Infektionen durch sexuell übertragbare Krankheit riskieren. Selbst Todesstrafe hndert viele Menschen nicht.
Für Sex nehmen Menschen also hohe Risiken in Kauf, begeben sich in Gefahren, riskieren sogar ihr Leben.
Corona-Virus fordert Sexualitäts-Management
Zum Management der Coronakrise gehört das Management der Sexualität.
Es wäre unrealistisch, all denjenigen Abstinenz zu empfehlen, die keinen festen Partner haben. Wir wissen es aus der Vergangenheit, dass dies nichts bringt. Denn alle Abstinenz-Programme zur Prävention von HIV waren früher gescheitert.
Kein Weg führt daher vorbei an einem Alternativen propagierenden Management der Sexualität in der Corona-Krise.
Bei diesem Management der Sexualität muss es darum gehen, Menschen Möglichkeiten zur Befriedigung ihrer sexuellen Bedürfnisse zu verschaffen, ohne dass sie sich, andere und die Gesellschaft in Gefahr bringen.
Online-Sex ist Lösung
Online-Medien, aber auch ein klassisches Medium, wie das Telefon, bieten sich an, in Zeiten von Corona in die Bresche zu springen.
Es gibt diese Form der Sexualität längst. Internetpornographie und erotische Chats boomen seit Jahren. Leider führen sie nicht selten zu suchthaftem Verhalten und Entmenschlichung.
Dies liegt aber nicht unbedingt am Medium, es liegt auch an der gesellschaftlichen Geringschätzung. Denn je gering etwas geschätzt und je stärker es in die Schmuddelecke gestellt wird, desto ungünstiger entwickelt es sich.
Jedenfalls geht es auch anders:
- Erotik und Sexualität können auch Online in sensitiver, phantasievoller und mitmenschlicher Art und Weise gelebt werden
Jetzt in der Corona-Zeit muss daher diese Form der Sexualität aus der gesellschaftlichen Stigmatisierung und der Schmuddelecke schnell heraus zu holen. Es geht darum, gesellschaftliche Akzeptanz herzustellen und Online-Sex als sichere Form der Sexualität zu progagieren, wie das Kondom gegen HIV.
Befriedigung ist möglich
Beim Sex über das Internet tritt an die Stelle der direkten Berührung die Selbststimulation, wobei sich die beteiligten Personen wechselseitig zuschauen und miteinander sprechen können.
Visuelle und auditive Signale, die als sexuell erregend und befriedigend erlebt werden, bleiben voll auf erhalten, können sogar explizit ausgebaut werden.
Taktile Signale werden durch die Selbststimulation gewährleistet. Auch der Einsatz von sogenanntem Sexspielzeug ist möglich, um taktile Bedürfnisse individuell besser erfüllen zu können.
Herstellung gesellschaftlicher Akzeptanz
Online-Sex sollte in dieser Zeit als eine legitime und in diesen Zeiten sogar besonders prosoziale Form der Sexualität gesellschaftlich anerkannt und gewertschätzt zu werden.
Gesetze und Vorbehalte gegen Pornographie und Online-Sex müssen weltweit abgeschafft werden.
Der französische Bürgermeister-Kandidat Benjamin Griveaux, der per Video-Chat masturbierte, hätte seinen Rücktritt von der Kandidatur nie erklären oder wenigstens ihn schnell zurückziehen sollen. Denn über Sex per Video-Chat wird kein Virus übertragen, über Sex im Hotel- oder Schlafzimmer aber sehr wohl. Er hat nichts Böses getan, sondern in der heutigen Zeit etwas Gutes.
Wenn Prominente oder Politiker also jetzt auffallen durch Sex-Videos oder Nacktbilder sollten wir aufhören, über sie zu lachen, uns über sie zu chauffieren, sondern wir sollten ihr Verhalten als das betrachten, was es ist: vorbildlich!
Zwei Dinge möchte ich klarstellen:
- Online-Sex hat nichts mit sexueller Belästigung oder Übergriffigkeit zu tun. Online-Sex in Corona-Zeiten als Alternative zu direkten Treffen ist eine individuell, sozial und gesellschaftlich wertvolle Handlung, die natürlich immer auf wechselseitiger Übereinstimmung beruhen muss
- natürlich gibt es Menschen, die keine oder weniger sexuelle Bedürfnisse haben oder eben jetzt lieber auf Sex verzichten möchten. Das ist völlig legitim. Es geht nicht um ungewollte Sexualisierung, sondern es geht um ein Recht zu Online-Sex als gesellschaftlich akzeptiertes Verhalten
Besser Online als in Dunkelbezirken
Es wäre eine schwere Täuschung, anzunehmen, dass aufgrund der Corona-Bedrohung die Menschen generell auf Sex mit ihnen nicht vertrauten Partnern dauerhaft verzichten würden.
Im Gegenteil, zahlreiche Ansteckungen durch Aufsuchen entsprechender Örtlichkeiten, wo sich Menschen treffen und Sex haben sind zu erwarten. Dadurch können neue Infektionsketten entstehen, die die gesamte Gesellschaft bedrohen.
Die Schließung offizieller Prostitutions-Örtlicheiten wird zusätzlich einen Boom des Straßenstrichs auslösen, auf dem wiederum nicht selten durch unsere Gesellschaft illegalisierte Menschen ihr Geld verdienen und bei Erkrankung nicht zum Arzt gehen werden. Ilegalisierung ist der beste Weg, um Gesundheitsgefahren zu verstärken.
Die Coronakrise fordert uns daher auf, gesellschaftliche Bewertungen zu hinterfragen und Tabus aufzugeben, die in der Praxis von Millionen Menschen ohnehin längst aufgegeben wurden. Für Online-Sex muss sich niemand schämen. Im Gegenteil, Online-Sex ist eine besonders risikoarme und insofern besonders saubere Form der Sexualität, die unsere Förderung und Unterstützung verdient.
Die Losung der Corona-Zeit lautet daher: “Ja zum Online-Sex!“